Haben Sie schon einmal eine Geschichte gelesen, in die sie völlig eingetaucht sind und das Gefühl hatten, beinahe selbst dabei zu sein? Dann konnte der Text Ihre Sinne ansprechen. Eine lebendige Story lässt uns das Geschehen intensiv erleben. Es fühlt sich an, als würden wir selbst alles sehen, hören, riechen, schmecken und fühlen.
In diesem Blogartikel möchte ich Sie in die Welt der Sinne entführen und Ihnen Tipps geben, wie Sie Ihren Text damit lebendiger gestalten können.
1. Lassen Sie Bilder wirken
Beim Schreiben neigen wir dazu, das Visuelle in den Fokus zu stellen. Das ist auch verständlich, da dieser Sinn bei den meisten Menschen dominiert. Achten Sie jedoch darauf, Szenen nicht zu einfach zu beschreiben (z. B.: Sie sah eine Straße.) Details wirken hier wahre Wunder und schaffen „echte“ Eindrücke. Was sieht Ihre Figur wirklich? Vielleicht fällt ihr das fahle Licht einer Straßenlaterne auf, das die Nacht einleitet, oder die unregelmäßigen Teerflecken auf dem Asphalt?
Tipp: Nutzen Sie das gesamte Spektrum des Sehens: Farben, Licht, Formen und Bewegung. So schaffen Sie eine lebendigere Atmosphäre und ein klares Bild für die Lesenden.
2. Hören Sie genau hin
Geräusche können in einer Szene bereits viel erzählen und auch verschiedene Stimmungen erzeugen. Das morgendliche Zwitscherkonzert der Singvögel kann beispielsweise motivierend und energievoll wirken, das leise Husten und Murmeln von Gesprächen der Zuhörenden bei einer Lesung könnte das unangenehme Gefühl von Zweifel auslösen. Denken Sie nur an das Quietschen und Knarzen einer alten Holztür, bei dem man direkt Gänsehaut bekommt. Diese meist alltäglichen Geräusche schaffen in Szenen Stimmung, ohne dass Sie große Worte verwenden müssen.
Tipp: Fühlen Sie sich ganz in Ihre Figuren hinein. Welche Töne können diese wahrnehmen und was löst das in ihnen aus?
3. Lassen Sie Düfte sprechen
Wie intensiv ein Roman werden kann, der direkt die olfaktorischen Sinne der Lesenden anspricht, zeigt der Autor Patrick Süskind perfekt in „Das Parfum“, einem Klassiker der Literaturgeschichte. Gerüche sind stark mit unseren Emotionen verbunden und haben dadurch die Macht, Lesende direkt in eine Szene ziehen zu können. Denken Sie beispielsweise an den Duft von frisch gemähtem Gras oder dem süßen Zimtgeruch von Weihnachtsplätzchen. Allein der Gedanke an diese Gerüche reicht aus, um ein Bild vor Ihrem inneren Auge entstehen zu lassen.
Tipp: Gerüche können Ihre Figuren auch prägen. Vielleicht hat Ihr Protagonist einen Lieblingsduft, der ihn an seine Kindheit erinnert? Oder ihre Hauptfigur hat eine Abneigung gegen ein bestimmtes Parfüm, da dies schreckliche Assoziationen hervorruft? Beziehen Sie dies von Beginn an in Ihre Figurenentwicklung mit ein, um diese noch lebendiger zu gestalten.
4. Unterschätzen Sie nicht die Kraft des Geschmacks
Ein Sinn, der in Romanen meist eher weniger vorkommt, ist der gustatorische. Doch Geschmäcker können ebenso intensiv wirken wie Gerüche und dadurch einer Szene mehr Tiefe und Intensität verleihen. Stellen Sie sich vor, sie beißen in eine Zitrone. Der saure Geschmack verbreitet sich auf Ihrer Zunge. Was löst diese Vorstellung bei Ihnen aus? Wird Ihre Speichelproduktion angeregt? Kräuseln Sie vielleicht die Lippen? All dies hat ein einziger Geschmack ausgelöst. Sie sehen also: Auch dieser Sinn sollte nicht vergessen werden.
Tipp: Besonders in emotionalen Szenen kann ein Geschmack ein intensives Erlebnis schaffen, beispielsweise wenn eine Figur den vertrauten Geschmack einer Süßigkeit aus ihrer Kindheit wiedererkennt.
5. Spüren Sie Ihre Umgebung
Der taktile Sinn bietet so viele Möglichkeiten: Hitze, Kälte, weiche oder raue Oberflächen, zarte Berührungen auf der Haut oder Verletzungen – das Fühlen macht eine Szene noch intensiver. Alles, was Ihre Figur spürt, kann beispielsweise Spannung, Abneigung, Geborgenheit oder Behaglichkeit vermitteln und damit eine unterschiedliche Stimmung erzeugen.
Tipp: Konzentrieren Sie sich für einige Minuten selbst auf Ihren Tastsinn. Was spüren Sie? Wie fühlt sich beispielsweise ein bestimmter Gegenstand an? Diese Übung hilft Ihnen, sich intensiver auf Ihre Umgebung zu fokussieren und diese Gefühle später auch in Ihre Geschichten einbauen zu können.
Fazit
Menschen nehmen Ihre Umgebung mit allen Sinnen wahr, doch im Alltag oftmals nicht bewusst. Das Ansprechen der Sinne in einer Geschichte bringt sie dazu, sich wieder auf etwas zu konzentrieren, das vielleicht schon ganz in Vergessenheit geraten ist. Doch achten Sie auch darauf, Ihren Text nicht mit Sinneseindrücken zu überladen. Hier gilt: Die Dosis macht das Gift. Zu viele Eindrücke, können eine Szene dann schnell unglaubwürdig erscheinen lassen.
Nutzen Sie daher die Kraft der Worte und sprechen Sie die Sinne ihrer Lesenden gezielt an, um ihnen ein intensiveres Leseerlebnis zu ermöglichen und sie aus dem Alltag direkt in Ihre Geschichte zu ziehen. So machen Sie Ihren Roman lebendig und er bleibt garantiert in Erinnerung.
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